Nümbrecht, Fachwerkhaus, © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Michael Hanisch

Ein Fachwerkhaus in Nümbrecht

Sylvia und Michael Hanisch suchten 2009 im Kölner Umland gezielt nach einem alten Gebäude und fanden ihr Fachwerkhaus im Bergischen Nümbrecht-Niederelben dann doch durch Zufall beim Spazierengehen.

Damals stand es fast zehn Jahre leer und sollte abgerissen werden. Sein ruinöser Zustand schreckte die Hanischs nicht ab – im Gegenteil. Nach einer Bedenkzeit, in der sie das Gebäude immer besser kennen und schätzen lernten, erwarben sie es und retteten es damit in letzter Sekunde vor dem Abrissbagger.

Das denkmalgeschützte, in Eichenfachwerk errichtete ehemalige Wohnstallhaus, dessen Hauptteil von 1808 stammt und 1828 um ein Drittel erweitert wurde, schmücken profilierte Ständer und ein bauzeitlicher Türspruch. Gravierende Schäden am Gebäude entstanden durch Wasser, das durch die undichte Dachhaut eingedrungen war und die Deckenfelder der Räume so durchfeuchtete, dass Lehm in großen Flächen herunterfiel und sich verschiedenste Schimmelarten ausbreiten konnten. Es war aber auch von Vorteil, dass in den vorherigen Jahrzehnten keine Sanierungen stattgefunden hatten, denn so waren Hohlpfannen aus der Zeit um 1900, originale Sprossenfenster und Türen, Lehmputze und Ausfachungen erhalten geblieben.

Als ein zu Rate gezogener Architekt den Hanischs vorschlug, das Haus zu entkernen und die Bruchsteinmauern im Keller durch Betonwände zu ersetzen – die Summe, die er für alles veranschlagte betrug 980.000 Euro – war klar, dass ein anderer Sanierungsweg gefunden werden musste. Ausgegeben haben sie letztlich gerade einmal ein Viertel des von dem Architekten errechneten Betrages. Mit Studenten von der Technischen Hochschule in Aachen fanden sie Menschen, die ihnen kostenlos ein Handaufmaß machten und dabei noch etwas lernen konnten. Als Bauherren arbeiteten sie teilweise ihren Handwerkern zu und ließen sich Techniken zeigen, zum Beispiel vom Maurer, der ihnen die langsam in Vergessenheit geratene historische Technik des Mörtelns mit Luftkalk beibrachte.

Nümbrecht, Fachwerkhaus vor der Sanierung, © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Michael Hanisch
Im Jahr 2018 wurde Familie Hanisch der JUlius-H.-W.-Kraft-Preis verliehen. © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Familie Hanisch
Nümbrecht, Fachwerkhaus nach der Sanierung, © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Michael Hanisch

Sprüche wie „das Ding reißt ihr doch ab, oder?“ bekamen die Hanischs im Dorf nicht selten zu hören. Heute ist das Kopfschütteln ehrlichem Lob und Respekt gewichen. Einstige Kritiker sind jetzt der Meinung, dass das Haus zur Dorfmitte gehört und nicht durch einen Neubau zu ersetzen gewesen wäre. Mit ihm bleibt ein kleiner Teil bergischer Hauskultur erhalten. Das ist ein hohes Gut für die Region rund um Köln, die seit Jahren ihren landschaftstypischen Charakter deutlich verliert, weil historische Gebäude nach und nach abgerissen und an ihrer Stelle austauschbare Neubauten errichtet werden.

Im Jahr 2018 wurden Sylvia und Michael Hanisch mit dem Julius-H.-W.-Kraft-Preis ausgezeichnet.

Einen ganzen Herbst und Winter verbrachten die Hanischs mit der Aufarbeitung der historischen Fenster. © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Britta Meiborg
Preisträger und Jurymitglieder in Nümbrecht mit: Dr. Julia Ricker, Sylvia und Michael Hanisch mit ihren drei Töchtern, Caroline Weiss, Dr. Monika Herzog und Hajo Meiborg (v. l. n. r.), © Interessengemeinschaft Bauernhaus

Literatur:

Ricker, J.: „Preisgünstig und nachhaltig instandgesetzt“, Der Holznagel - Zeitschrift der Interessengemeinschaft Bauernhaus 4/2018, S. 64ff
Winters, R.: "Ist die Revitalisierung historischer Bauernhäuser/-höfe eine Alternative zum Neubau?“, Abschlussarbeit zur Erlangung des Grades Master of Arts an der EBZ Business School, Bochum 2019