ehem. Bahnhof, Bruchhausen Vilsen © OBaMa e.G.

Gemeinsam gerettet: Die Gewinner des Julius-Kraft-Preises stehen fest

Sie bündelten ihre Energie und teilten ihre Leidenschaft: Der Verein Altstadt Teterow aus Mecklenburg-Vorpommern und die OBaMa e.G. (Ostbahnhof am Maidamm) aus dem niedersächsischen Bruchhausen-Vilsen erhalten 2020 den Julius-Kraft-Preis der Interessengemeinschaft Bauernhaus.

Unter dem Motto „Gemeinsam gerettet“ würdigt der Preis in diesem Jahr die zwei Initiativen, die sich zur Bewahrung von ländlicher Baukultur zusammengeschlossen haben. Beide Gruppen nahmen sich baufälligen und für ihren Standort kulturhistorisch wertvollen Gebäuden an und sie setzten die alte Bausubstanz mit unermüdlichem Enthusiasmus nach und nach wieder instand. Das bürgerschaftliche Engagement beider Gruppen war nach Ansicht der Jury, die am 17. Januar in Köln tagte, beispielhaft und auf jeweils unterschiedliche Weise herausragend vorbildlich.

In Teterow stand der Gedanke, ein wertvolles, denkmalgeschütztes Haus in der Innenstadt nicht dem Verfall oder Abriss preiszugeben, an erster Stelle. Die Initiatoren der Rettungsaktion ließ er nicht los und sie begeisterten schnell Mitstreiter für ihr Vorhaben, das Gebäude aus dem frühen 18. Jahrhundert zu übernehmen und zu bewahren. 2007 gründeten sie den Verein Altstadt Teterow und begannen mit den Arbeiten, ohne zu diesem Zeitpunkt eine konkrete Nutzung für das Haus vor Augen zu haben. Nach über 10 Jahren ist das Gebäude heute Instandgesetzt. Jetzt wollen die Vereinsmitglieder den Innenausbau stemmen und stellen sich eine Nutzung als Vereinstreff oder Verkaufswerkstätte vor – sie sind aber auch weiterhin offen für andere Möglichkeiten.

In Bruchhausen-Vilsen stand 2014 das historische Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1900 vor dem Abriss. Die späteren Mitglieder der OBaMa e.G. erreichten durch Überzeugungsarbeit bei der Stadtverwaltung, diese Planung zu verhindern. Sofort entstanden in der Gruppe erste Konzepte und die Idee, eine Genossenschaft zu gründen, um das Kleinod zu übernehmen, zu sanieren und wieder zum Leben zu erwecken. Nach seiner Instandsetzung ist das ehemalige Bahnhofsgebäude seit August 2019 ein Gästehaus, das von der OBaMa e.G. betrieben wird. Als Bedarfshaltestelle wird der Bahnhof Bruchhausen-Ost übrigens immer noch zu bestimmten Zeiten angefahren.

Altstadt Teterow e. V. @ Altstadt Teteroe e. V.
OBaMa e.G. Bruchhausen Vilsen @ OBaMa e.G.

Die Jury vergab an beide Initiativen einen 1. Preis und teilte dementsprechend das Preisgeld von insgesamt 3.000 Euro: Haben sich doch der Verein Altstadt Teterow und die OBaMa e.G. mit viel Liebe zur alten Bausubstanz, mit großer Freude und vereinten Kräften den Herausforderungen bei der Instandsetzung angenommen und diese in einem konstruktiven Miteinander bewältigt. Beim Verein Altstadt Teterow würdigt die Jury außerdem, dass die Mitglieder ein wichtiges Gebäude des Innenstadtensembles retteten und damit einen Teil des historischen Ortsbildes bewahrten. Während des Instandsetzungsprozesses wirkten sie außerdem als Multiplikatoren, indem sie sich nicht nur gegenseitig ihr bereits erworbenes Wissen weitergaben, sondern auch Jugendliche in verschiedene Lehmarbeiten einbanden und für diese begeisterten. In Bruchhausen-Vilsen überzeugte die Jury die „pfiffige“ Idee der Gründung einer Genossenschaft zur Rettung der alten Bausubstanz und späteren Nutzung des Gebäudes. Des weiteren erkennt sie die Bewahrung dieses baulichen Zeugnis der ländlichen Verkehrs- und Transportgeschichte an – gerade angesichts der vielen historischen Bahnhöfe, die heute vor allem in kleinen Ortschaften funktionslos geworden sind und verfallen. Die prämierten Initiativen und die Gebäude stellen wir Ihnen ausführlich vor, wenn wir von den Preisverleihungen berichten.

Die Jury – Bernhard Anzalone (Leiter der Jugendbauhütte Soest), Hajo Meiborg (IgB-Bundesvorsitzender), Sonja Peltzer-Montfort (IgB-Schriftführerin), Dr. Julia Ricker (IgB-Geschäftsführung) und Petra Schulz (Architektin, AS Spreewald) – wünscht sich, dass die guten Beispiele der Preisträger in eine weite Öffentlichkeit wirken, sodass mit dem Julius-Kraft-Preis ein breites Bewusstsein für die alte Bausubstanz geschaffen wird. Ein bürgerschaftliches Engagement von Menschen, die den Mut und die Leidenschaft haben, sich für die Rettung unseres gemeinsamen kulturellen Erbes einzusetzen und die andere dafür begeistern und mitnehmen, ist für die gesamte Gesellschaft von großem Wert. Die baulichen Zeugnisse unserer Vorfahren bestimmen den Charakter unseres gesamten Landes. Sie gehören uns und zukünftigen Generationen – als ein Teil unserer gemeinsamen Geschichte.

Wegen Corona konnten leider keine Festveranstaltungen zur Übergabe der Trophäen stattfinden.

Julia Ricker

Interessengemeinschaft Bauernhaus - Werden Sie Mitglied
Interessengemeinschaft Bauernhaus - Unsere Mitgliederzeitschrift
Interessengemeinschaft Bauernhaus - Unser Flyer zum Kennenlernen